rechtsextreme Musikszene

Immer wieder wird behauptet, dass Musik aus rechtsextremen Kreisen den Einstieg in die Szene erleichtern würde. Dabei sollte man zwischen Musik unterschieden, die von rechtsextremen Musikern gemacht wird und derjenigen Musik, die aus der Mehrheitsgesellschaft kommt, jedoch zum Teil auch rechtsextreme Positionen und Einstellungen bedient. Dieser Meinung ist auch der Musikwissenschaftler Thorsten Hindrichs. Das Besorgniserregende: Die Szene gewinnt an Zuwachs und das nicht nur im Rechtsrock.

Die rechtsextreme Musikszene: Rechtsrock-Bands

Frontalkraft

Die Rechtsrockband „Frontalkraft“  wurde im Oktober 1992 in Spremberg (Brandenburg) gegründet und ist mittlerweile in Cottbus ansässig. Ihr Sänger Sten Söhndel machte schon vor langer Zeit auf sich aufmerksam. So schrieb beispielsweise der Spiegel am 23. November 1992 über den damals noch Jugendlichen und thematisiert in dem Artikel die Parteimitgliedschaft des damals 17-Jährigen bei der neonazistischen Kleinpartei Deutsche Alternative (DA). Laut der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) habe die Band das Ziel ihrer musikalischen Aktivität in dem Magazin „Blood & Honour“ definiert. Hier soll es geheißen haben, dass man „dem Volk nationalistische Botschaften und Gedanken […] bringen“  wolle. „Unserer Meinung nach ist Musik das optimale Medium, um die Menschen in Deutschland und Europa wachzurütteln“. Diese Worte erinnern an die des inzwischen verstorbenen britischen Sängers und Gründer der „Blood and Honour“-Bewegung Ian Stuart Donaldson. Dieser sagte: „Musik ist das ideale Mittel, Jugendlichen den Nationalsozialismus näherzubringen, besser als dies in politischen Veranstaltungen gemacht werden kann, kann damit Ideologie transportiert werden.“ Die Band gibt nicht nur in Deutschland Konzerte. Auch international sind Auftritte keine Ausnahmen. So traten die Musiker unter anderem in der Schweiz, in Frankreich und Italien auf. Viele Texte wenden sich gegen das System und sind politischer Natur.

Die Lunikoff Verschwörung / Landser

„Die Lunikoff Verschwörung“  ist eine Rechtsrock-Band und das Nachfolgeprojekt der Gruppe „Landser“.
„Landser“ wurde in den 90er Jahren aufgrund der hasserfüllten, gewaltvollen Texte zu einer der erfolgreichsten Neonazibands, in denen sie sich unter anderem als „Terroristen mit E-Gitarre“ bezeichnen, die „geistigen Sprengstoff zur Explosion“ bringen. Am 2. Oktober 2001 wurden schließlich Bandmitglieder verhaftet, nachdem im August 1999 Personen, die zwei Vietnamesen fast totgeschlagen hätten, während der Tat den Landsertext „Fidschi, Fidschi, gute Reise“ sangen.

Im Jahr 2003 wurden der Sänger Michael Ragener, der Bassist Andrè Mörike sowie der Schlagzeuger Christian Wenndorff zu Geld- und Haftstrafen verurteilt. Die Gründe hierfür waren die Verbreitung rechtsextremer Propaganda, Volksverhetzung und die Bildung einer kriminellen Vereinigung. Ab dem 11. April 2005, nachdem Regener erfolglos Revision eingelegt hatte, ging der Sänger für zwei Jahre und zehn Monate in die Justizvollzuganstalt Berlin-Tegel.

Der Prozess bedeutet für die Band das Ende. Regener kritisierte seine Bandkollegen vor allem dafür, dass diese vor Gericht umfangreiche Aussagen machten, um eine Strafmilderung herbeizuführen. Bereits zu dieser Zeit gründete der Sänger die neue Band „Die Lunikoff Verschwörung“ und trat im Jahr 2004 mit seiner neuen Band auf und veröffentlichte das Album „Die Rückkehr des Unbegreiflichen“. Nachdem Regener 2008 entlassen wurde, gab er erneut Konzerte und feierte große Erfolge. Einige Auftritte gab die Band unter anderem auf NPD-Veranstaltungen.

In einem Interview äußerte der Enthüllungsjournalist und Autor Thomas Kuban (Pseudonym), der über mehrere Jahre mit versteckter Kamera Rechtsrock-Konzerte filmte:

 Lunikoff hat eine Märtyrerrolle, weil er als einziger von seiner Band zu seiner Einstellung gestanden hat und dafür sogar ins Gefängnis gegangen ist, während die anderen mit Bewährungsstrafen davongekommen sind. In einem Lied seiner neuen Band Lunikoff Verschwörung wünscht er solchen ehemaligen Kameraden den Tod. Seine Knast-Vergangenheit wird ihm in der Szene hoch angerechnet, hinzu kommt sein Talent. Er schafft es, aus Sicht der Szene gewitzte und pointierte Texte zu schreiben. Seine Auftritte haben teilweise kabarettistischen Charakter.

Thomas Kuban

Sleipnir

Sleipnir ist nicht nur das achtbeinige Pferd Odins in der nordischen Mythologie, sondern auch das Pseudonym des Musikers Marco Bartsch sowie der Name seiner Band. Gegründet wurde sie Anfang der 90er Jahre in Ostwestfalen und ist vor allem bekannt für ihre größtenteils rockigen und balladenhaften Lieder, die aufgrund ihrer rechten Inhalte auffallen.

1996 veröffentlichte die Band ihr Album „Mein bester Kamerad“, das 1998 von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien beschlagnahmt wurde. Die Begründung: Die Lieder würden „in menschenverachtender Weise gegen Ausländer“ hetzen.

Sleipnir: das achtbeinige Pferd Odins

In ihren Liedern konstruiert „Sleipnir“ Freund-Feind-Dichotomien. Sie verbreiten unter anderem nationalistisches Gedankengut und warnen vor dem Untergang des Volkes. Die Band tritt im In- und Ausland auf und hatte bisher des Öfteren auf NPD-Veranstaltungen Auftritte. Zudem wird ihnen eine Nähe zum  Blood & Honour-Netzwerk nachgesagt. Unter anderem sei laut dem Diplom-Sozialpädagogen Jan Raabe das Lied „Rebellion“ auf mehreren Schulhof-CDs der NPD vertreten. Hier heißt es zum Beispiel: „Sie tragen keine Bomberjacken, sind trotz allem national. Gehen zum Fußball oder Partys, ihre Köpfe sind nicht kahl. Man kann nur schwer erkennen, wer sie sind und was sie wollen, doch wenn es um Deutschland geht, dann hört man sie von Weitem grollen.“ Und in der Demo-Version „Raven – In der Götterwelt“ (2020) heißt es unter anderem: „All die Dinge, nach denen du strebst, haben dich taub, haben dich blind gemacht. Dein Volk wird dir egal. Und so schmähst du es mit Niedertracht.“

„Sleipnir“ wirkt für die Masse kompatibler als seine Kolleg*innen und findet auf diese Weise mit großer Wahrscheinlichkeit auch Zugang zu (vor allem jungen) Menschen.

Die rechtsextreme Musikszene: Hip Hop

Manch einer mag sich fragen, wie Hip Hop und das Thema Rechtsextremismus zusammenpassen. Die Neue Rechte richtet sich vermehrt an Jugendliche und setzt dabei unter anderem auf diese Musikrichtung. Inzwischen haben sich einige Musiker einen Namen in der Szene gemacht. Einer, der in diesem Kontext häufig erwähnt wird, ist der Rapper Chris Ares.

Chris Ares

Chris Ares, mit bürgerlichen Namen Christoph Aljoscha Zloch, ist ein rechter Rapper, der unter anderem bereits Auftritte bei Veranstaltungen der Identitären Bewegung hatte. Anders als bei vielen Gangster-Rappern ist hier eine Trennung zwischen Kunstfigur und Privatperson nicht möglich. Seit 2016 wird der Musiker von dem bayrischen Verfassungsschutz als „Rechtsextremist“ eingestuft.

Erst kürzlich erregte der Musiker Aufmerksamkeit, weil er in Ostsachsen ein rechtes Jugendzentrum errichten wollte, in dem sowohl Kampfsporttraining als auch Musikworkshops angeboten werden sollten. In Bautzen und Bischofswerda hatte sich jedoch umgehend Widerstand geregt.

Die rechtsextreme Musikszene: Ein Millionengeschäft

Für die rechtsextreme Szene, die keinesfalls als homogene Einheit zu betrachten ist, ist sowohl der Vertrieb von Musik als auch von Merchandising eine der Haupteinnahmequellen. Die Szene macht damit ein Millionengeschäft. Dementsprechend sollte die Bedeutung rechtsextremer Musik, die auch häufig als Einstiegsdroge bezeichnet wird, keinesfalls unterschätzt werden.

Die hier vorgestellten Musiker sind nur wenige von vielen und ihre Anhängerschaft wächst. Der Rapper Chris Ares hat derzeit bei YouTube auf seinem Kanal „Chris Ares Offiziell“ 81.400 Abonnenten.

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