Weibliche Genitalverstümmelung

Sucht man bei Google nach dem Begriff „weibliche Beschneidung“, trifft man sofort auf Titel, die berechtigterweise von einer „weiblichen Genitalverstümmelung“ sprechen. Der eingegebe Begriff taucht in den Titeln teilweise gar nicht erst auf. Allein diese Tatsache deutet darauf hin, dass es es sich bei dieser Prozedur um eine inhumane, nicht vertretbare Praxis handelt. Was man darunter versteht, wo sie durchgeführt wird und welche News es zu dem entsprechenden Thema gibt, erfahrt ihr hier.

Was ist eine weibliche Beschneidung?

Unter der weiblichen Beschneidung versteht man eine Prozedur, bei der die weiblichen äußeren Genitalien teilweise oder vollständig (in vielen Fällen ohne Betäubung) entfernt werden. Dieses Verfahren ist beispielsweise religiös oder kulturell bedingt. Einen medizinischen Grund gibt es für diese grauenhafte Prozedur nicht. Im Englischen spricht man in diesem Kontext von einer „Female Genital Mutilation“ (FGM) – zu Deutsch: der weiblichen Genitalverstümmelung. Es sollte bei dieser Thematik unbedingt eine sprachliche Differenzierung vorgenommen werden. Der Begriff „Beschneidung“ scheint zunächst neutral, erinnert jedoch auch an das Verfahren der männlichen Zirkumzision (Entfernung der Vorhaut des männlichen Gliedes) und könnte zu einer Gleichsetzung der Schwere des Eingriffs führen. Das könnte unter Umständen dazu führen, dass sich betroffene Frauen nicht verstanden fühlen und Personen, die nicht betroffen sind, die Prozedur verharmlosen.

Welche gesundheitliche Folgen können nach der weiblichen Genitalverstümmelung auftreten?

Die weibliche Genitalverstümmelung führt bei den betroffenen Mädchen und Frauen nicht „nur“ zu extremen körperlichen Schmerzen, sondern kann auch schwere psychische Probleme hervorrufen (siehe auch: Was wird bei der weiblichen Beschneidung gemacht: Ein persönlicher Bericht). Diese schwerwiegenden Folgen können meines Erachtens keinesfalls durch kulturelle oder religiöse Argumentationsversuche gerechtfertigt werden. Es sei betont, dass die hier genannten physischen Konsequenzen nur Beispiele darstellen. Es können selbstverständlich noch weitere (psychische sowie körperliche) Folgen nach einer weiblichen Genitalverstümmelung auftreten.

Folgende akute Konsequenzen können unter anderem auftreten:

  • unvorstellbare Schmerzen
  • Inkontinenz: Eine Verletzung der Analschließmuskeln oder der Harnröhre kann zur Inkontinenz führen
  • Blutungen: Das Verletzen eines oder mehrerer Gefäße kann zu unstillbaren Blutungen führen und schließlich zum Tod
  • Infektionen: In vielen Fällen wird unter unsterilen Bedingungen gearbeitet. Mehrere Mädchen werden mit den gleichen und unsterilisierten Instrumenten beschnitten bzw. verstümmelt, was zu Infektionen, wie bspw. HIV, Tetanus, Hepatitis oder einer Blutvergiftung (Sepsis) führen kann.
  • Außergenitale Folgen: Die Mädchen oder Frauen wehren sich bei der Prozedur, was beispielsweise zu Zungenbissen oder Knochenbrüchen führen kann

Langfristige Komplikationen, die unter Umständen auftreten können:

  • Chronischen Infektionen: Durch die Verstümmelung können die unteren Harnwege geschädigt werden. Das führt nicht nur zu Schmerzen und Schwierigkeiten beim Wasserlassen, sondern kann auch chronische Infektionen der Harnorgane sowie der Organe des kleinen Beckens hervorrufen
  • Blasenentleerungsstörungen
  • Fistelbildung
  • Sterilität: Eine länger anhaltende Entzündung der Eileiter kann zur Unfruchtbarkeit führen
  • Dysmenorrhoe und Menorrhagie: Durch die verengte Vaginalöffnung kann das Menstruationsblut schwer abfließen, was zu Stauungen und Schmerzen (Dysmenorrhoe) führen kann sowie zu einer verlängerten Menstruation (Menorrhagie)
  • Schmerzen beim Geschlechtsverkehr
  • Geburtskomplikationen

Warum gibt es die weibliche Beschneidung?

Im Kontext dieser Frage sollte zunächst darauf hingewiesen werden, dass die Gründe natürlich vielseitig sind und im Zuge dieses Textes nicht in Gänze angeführt werden können. Die hier genannten Begründungen beruhen auf einer Arbeit, die von der „Akademie für Sexualmedizin“ herausgegeben wurde.

Tradition

Wie bei vielen anderen fragwürdigen Praktiken auch, spielt bei der weiblichen Genitalverstümmelung die Tradition eine nicht unerhebliche Rolle: „Klar, das wurde doch schon immer so gemacht. Was sonst?“

So sei „dieser Brauch auch bei afrikanischen Völkern mit traditionellen Religionen in vorislamischer Zeit verbreitet gewesen“, im Islam selbst jedoch nicht. Dennoch solle sich „nach und nach auch FGM [Female Genital Mutilation] in das Brauchtum der entstehenden muslimischen Reiche“ integriert haben „und erreichte später so weitere Teile ihres Herrschafts- und Einflussgebietes“.

Religion

Auch wenn viele, die nach wie vor diese Praxis anwenden oder befürworten, glauben, dass die weibliche Beschneidung beziehungsweise Genitalverstümmelung den Vorschriften einer Religion entsprächen „und zwar bekenntnisübergreifend (Muslime, Christen und andere Glaubensrichtungen)“, lässt sich dieses Vergehen keineswegs durch eine konkret vorgegebene Glaubensvorschrift begründen.

Initiation

Der Grund für die weibliche Genitalverstümmelung wird in diesem Fall damit begründet, dass das Mädchen oder die junge Frau nun zu den Erwachsenen gezählt werden soll. Der Eingriff wird sehr häufig an (extrem jungen) Mädchen durchgeführt. Durch die Beschneidung gelten sie als heiratsfähig.

Die weibliche Genitalverstümmelung: Ein persönlicher Bericht

https://www.youtube.com/watch?v=6XUuiwW9aL4
https://www.youtube.com/watch?v=6XUuiwW9aL4

In welchen Ländern wird die weibliche Genitalverstümmelung vorgenommen?

Die Fallzahl unterscheidet sich von Land zu Land, in einigen Fällen sogar innerhalb eines Staates. Hauptsächlich sind jedoch Frauen in Afrika, Asien und im Mittleren Osten betroffen.

Falls ihr denkt, dass weibliche Genitalverstümmelungen allein in den genannten Gebieten durchgeführt werden, dann irrt ihr euch gewaltig. Auch in Europa (und somit ebenfalls in Deutschland) wird dieses Verfahren durchgeführt.

Wissenswert: Aktuelles zum Thema

Hier findet ihr Links, die Auskunft über Aktuelles zum Thema geben.

Neue Dunkelzifferstatistik veröffentlicht

Neuer Film: In Search ….

https://www.youtube.com/watch?v=cOSW0LTLbvA

Der Dokumentarfilm „In Search…“ berichtet über die junge Kenianerin und Filmregisseurin Beryl Magoko, die mittlerweile in Deutschland lebt und zurück in ihre Vergangenheit reist, um ihre Mutter zu befragen sowie andere Frauen zu treffen, die von ihren persönlichen Erfahrung berichten.

Ein Bericht über die Filmregisseurin. Hier heißt es unter anderem:

Beryl Magokos Film macht klar, dass Genitalverstümmelung ein Verbrechen ist und auch die Seelen verstümmelt. Es ist ein Film für alle Frauen, denn er handelt von Liebe, Freundschaft und Souveränität.

https://www.youtube.com/watch?v=PBltTeoq_eg

Bildquelle: Pexels/Matt Hatchett