Schweinestau

Seit Monaten haben es Bauern schwer. Stürzten zunächst die Schweinepreise aufgrund der Afrikanischen Schweinepest (ASP) ins Bodenlose, haben die Bauern nun das Problem, dass sie ihre Ferkel und Schweine nicht loswerden. Nicht nur die Landwirte leiden unter diesem Zustand.

Das Thema wird unter dem Begriff “Schweinestau” diskutiert und konfrontiert den Bürger mit einer weiteren Schattenseite der deutschen Fleischindustrie. Aufgrund von Coronainfektionen bei Mitarbeitern konnten viele Schlachtbetriebe wie Tönnies nicht mehr ihre vollen Kapazitäten nutzen. Auch wenn die Infektionszahlen in den Betrieben gesunken sind, ist die Zahl der schlachtreifen Tiere nach wie vor sehr hoch. Das hängt unter anderem auch damit zusammen, dass aufgrund von Infektionsschutzgründen weniger Vieh geschlachtet werden kann. Laut Spiegel stehen bundesweit rund 750.000 Tiere in dem sogenannten Schweinestau. Das führt dazu, dass Mäster und Sauenhalter in eine Notlage geraten, die dramatische Konsequenzen mit sich führen könnte.

Niederige Preise führen zur Verzweiflung

Unter anderem die niedersächsische Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Barbara Otte-Kinast, spricht über die große Verzweiflung, die derzeit die Landwirte ereilt. Die Erzeugerpreise seien extrem niedrig, sodass die Bauern nur wenig Geld für die Tiere erhielten. Das thematisierte laut argrarheute auch Jochen Schmedt, Landwirt aus Stemwede in Ostwestfalen: “Das artet in eine Katastrophe aus.” Während in der Autoindustrie die Möglichkeit bestünde, das Fließband bei einer Überproduktion sofort anzuhalten, bräuchte man in der Landwirtschaft etwa vier bis fünf Monate, bis man die Lieferkette zum Stillstand bewegen könne.

Bereits im September war der Fleischpreis eingebrochen, nachdem der erste Fall der Afrikanischen Schweinepest (ASP) in Brandenburg nahe der deutsch-polnischen Grenze nachgewiesen werden konnte. Die Folge: Wichtige Exportländer wie beispielsweise China sperrten die deutsche Ware.

Auch Sauenhalter sind betroffen

Auch die Sauenhalter sind betroffen. Nehmen die Schlachtbetriebe die Tiere den Mästern nicht mehr ab, bleibt kein Platz mehr für die Jungen in den Ställen. Das führt zu einem massiven Druck, der in einer Katastrophe münden könnte. “Wir bleiben dann auf den Jungtieren sitzen”, beschreibt der Landwirt Carsten Mattelmeyer laut argrarheute. Sollte sich die Lage nicht ändern, könnte es tatsächlich dazu kommen, dass die Ferkel nach der Geburt getötet werden müssen.

Nicht nur der Bauer ist das Opfer

Bei der Berichterstattung über solche Themen mag man es zu gern, den Menschen in den Fokus zu rücken. Was dieser Zustand jedoch für das Tier bedeutet, wird an manch einer Stelle zu wenig beachtet. Der Vergleich, ein Fließband zum Stillstand zu bringen, auf dem Autoteile produziert werden, scheint mir an dieser Stelle nicht ganz unbedeutend. Denn genau dieser Eindruck wird erweckt. Schweine sind für den Menschen häufig nichts Weiter als ein Mittel der Bedürfnisbefriedigung.

Zurecht muss hier auch die Verzweiflung und schwierige Lage vieler Schweinebauern angesprochen werden. Dennoch sind es vor allem die Tiere, die unter dieser Lage leiden müssen. Dementsprechend ist dem Tweet Karl Lauterbachs nichts hinzuzufügen.

Titelbild: Pexels/Leah Kelley