Das Wahlergebnis

Noch hat U.S. Präsident Donald J. Trump den Kampf um die Präsidentschaft nicht aufgegeben. Während viele Republikaner und sogar sein einstiger Lieblingssender Fox News den Sieg des Demokraten Joe Biden anerkannt haben, fanden vor Kurzem noch immer Anhörungen statt, in denen Zeugen über den vermeintlich massiven Wahlbetrug aussagten, ohne den Biden angeblich nicht hätte gewinnen können. Die Wählerschaft Trumps demonstrierte auf den Straßen, Rudi Giulianis Haarfärbung lief ihm während seiner Rede übers Gesicht und Pressekonferenzen wurden ohne die Möglichkeit, Fragen zu stellen, vorzeitig beendet. Nicht einmal die Bestätigung der Wahl Joe Bidens durch das Electoral College vermag Trump von seinen Illusionen abzubringen.

Die Wochen nach der Wahl zeigen erneut, wie stark der Personenkult um Donald J. Trump in Teilen der US-Bevölkerung ausgeprägt ist. Daher empfinden viele Amerikaner, die sich nach einer Rückkehr zur Normalität sehnen, die Wahl des demokratischen Kandidaten als große Erleichterung. Doch wie sieht diese Normalität für die Bevölkerung der Vereinigten Staaten aus? Was kann die USA von der Präsidentschaft Joe Bidens erwarten? Es besteht die besorgniserregende Tendenz einer Heroisierung Joe Bidens – und das nur, weil er die Alternative zu Trump ist. Gewissermaßen der Nachfolger Barack Obamas, erfreut sich Joe Biden einer großen Beliebtheit beim demokratischen Establishment. Doch ist Biden wirklich so viel besser als sein Vorgänger?

Das geringere Übel…

Unter dem Strich geht die Rechnung auf. Von den zwei korrupten Kriegsverbrechern, die keine drei kohärenten Sätze aneinanderreihen können, und denen Sexualverbrechen vorgeworfen wurden (1), ist Joe Biden in der Tat das geringere Übel. Mithilfe einiger Punkte lässt sich diese Annahme belegen.

Der demokratische Kandidat wird mit großer Wahrscheinlichkeit die Entscheidung Trumps, aus dem Pariser Übereinkommen (Paris Climate Accord) auszutreten, rückgängig machen. Auch der Austritt aus der World Health Organization (WHO), den Trump im Mai dieses Jahres ankündigt hatte, wird unter Biden nichtig.

Das Atomabkommen, welches unter der Präsidentschaft Barack Obamas mit dem Iran vereinbart wurde, und zu seinen wichtigsten Vermächtnissen zählt, wurde von US-Präsident Donald Trump schon während seiner Kandidatur im Jahr 2016 heftig kritisiert. Im Mai 2018 traten die Vereinigten Staaten aus dem Abkommen aus. Zudem wurden die heftigen westlichen Sanktionen gegen den Iran wieder in Kraft gesetzt. Bald nach der Tötung Qasem Soleimanis kündigte der Iran auch seinerseits den Austritt aus dem Atomabkommen an. Die ohnehin angespannte Lage wurde zunehmend kritischer. Bis heute setzt Trump auf einen Krieg gegen den Iran. (2) Von Joe Biden kann man hingegen erwarten, dass er das Vermächtnis Obamas fortsetzen wird. Er wird wahrscheinlich versuchen, die heikle Lage zwischen den beiden Staaten zu deeskalieren.

Auch innenpolitisch und sozialpolitisch würde eine Präsidentschaft Joe Bidens für linksgesinnte Wähler wahrscheinlich günstiger ausfallen.

…ist immer noch ein Übel.

Man sollte bei aller Feindseligkeit zu Donald Trump allerdings nicht vergessen, dass der demokratische Kandidat Joe Biden ein korrupter Kriegsverbrecher ist. Er hat für den Irakkrieg gestimmt.(3) Allein deswegen ist Biden meines Erachtens schon unwählbar. Sein demokratischer Gegner, Bernie Sanders, hielt 2002 vor dem Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten eine Rede, in der er vor den Gefahren eines militärischen Einsatzes im Irak warnte.(4)

Ferner hat Biden als Vizepräsident Obamas auch dessen Drohnenkrieg im Nahen Osten unterstützt. Diese Drohnenangriffe haben unzählige Zivilisten, darunter auch viele Kinder, getötet. Einem Bericht der Zeitschrift The Intercept zufolge, waren über einem Zeitraum von fünf Monaten im Jahr 2013 in Afghanistan 90% der durch Drohnenangriffe getöteten Menschen nicht „das vorhergesehene Ziel“.(5)

Die Crime Bill, die Joe Biden 1994 mitverfasste, sollte offiziell die steigenden Zahlen an Gewaltverbrechen eindämmen. Heute wird allerdings kritisiert, dass dieses Gesetz maßgeblich zur massiven Welle an Inhaftierungen der 90er Jahre beigetragen habe.(6) Die Vereinigten Staaten haben an der Einwohnerzahl gemessen die höchste Zahl an Gefängnisinsassen weltweit.(7) Diese massenhaften Inhaftierungen treffen unverhältnismäßig viele Schwarze und andere PoC, die für dieselben Verbrechen durchschnittlich härtere Gefängnisstrafen erhalten als Weiße.

Dass das Gefängnissystem der USA eine perverse Gelegenheit bietet, Profit zu schlagen, sollte ein Hinweis darauf sein, warum Politiker so sehr darauf aus sind, möglichst viele amerikanische Bürger für lange Zeit hinter Gitter zu bringen. Und da von Korruption die Rede ist, muss noch angemerkt werden, dass Bidens Kabinett schon jetzt voller korrupter Politiker und Lobbyisten ist.(8)

Fazit

Das politische Spektrum der Vereinigten Staaten, das Overton Fenster, scheint so weit nach rechts gerückt zu sein, dass die Wahl zwischen Republikanern und Demokraten in Wirklichkeit lediglich eine Wahl zwischen Republikanern und „Republicans-light“ ist. Und genau das ist der zukünftige US-Präsident Joe Biden: Ein korrupter, neoliberaler, Mitte-Rechts-Politiker, der nur insofern eine Rückkehr zur Normalität bedeutet, als dass die politische Korruption, Intrige und Lüge nun wieder in einer verbraucherfreundlicheren Verpackung präsentiert wird.

Dennoch ein Schritt in die richtige Richtung. Zwar ein wankelmütiger, zitternder Schritt auf rutschigem Eis, aber immerhin. Man sollte sich aber nicht der Illusion hingeben, mit der Wahl Bidens sei alles wieder ins rechte Lot gerückt. Vielmehr heißt die Wahl Bidens für das demokratische Establishment ein Aufatmen, eine Bestätigung, alles richtig gemacht zu haben. Dass man dabei mit hinterlistigen Mitteln Bernie Sanders beseitigen musste, kehrt man unter den Teppich. Dass die Korruption bei beiden Parteien fast gleich präsent ist, soll unerwähnt bleiben. Hauptsache nicht mehr Donald Trump! Wie das amerikanische Volk mit den vielen Krisen, die das Land durchmacht, zurechtkommen soll, bleibt nach wie vor unklar.

Bildquellen
Pexels/Aaron Kittredge

Quellen

[1] https://www.nytimes.com/2020/04/12/us/politics/joe-biden-tara-reade-sexual-assault-complaint.html
[2] https://www.rawstory.com/2020/11/trump-asked-for-options-to-iran-days-after-the-2020-race-was-called-for-biden-report/
[3] https://edition.cnn.com/2020/01/17/politics/biden-iraq-kfile/index.html
[4] Flashback: Rep. Bernie Sanders Opposes Iraq War https://www.youtube.com/watch?v=_om-x323Em0
[5] https://theintercept.com/drone-papers/the-assassination-complex/
[6] https://www.vox.com/policy-and-politics/2019/6/20/18677998/joe-biden-1994-crime-bill-law-mass-incarceration
[7] https://www.prisonstudies.org/highest-to-lowest/prison_population_rate?field_region_taxonomy_tid=All
[8] Biden’s Cabinet A Who’s Who Of Corrupt Corporate Lobbyists https://www.youtube.com/watch?v=LfEMcCXziBg